Freitag, 8. August 2014

Copy and paste geht schnell - daneben. Reden wir über die "Riester-Rente". Und eine "Studie"

„Es hat sich leider herausgestellt, dass uns beim Einfügen der Ergebnisse aus unseren Berechnungstabellen in das Studiendokument bei den klassischen Rentenversicherungen ein Fehler unterlaufen ist.“ Zu Deutsch: Beim Kopieren haben die Experten geschludert. 

Liegt es an der Hitze des Sommers? Oder muss man sich doch den Berufspessimisten anschließen, die mit einem grundnörglerischen Ton darauf hinweisen: überall und immer mehr Qualitätsprobleme? Und warum sollte die "Wissenschaft" davon ausgenommen sein?

Nach peinlichen Fehlern in einer Studie, die angeblich die Schlechtigkeit des Betreuungsgeldes nachzuweisen meint, was man ihr aber nicht entnehmen kann, kommt nun eine weiteres, hoch konfliktäres Feld der Sozialpolitik auf die Tagesordnung: die private Altersversorgung, genauer: die Riester-Rente. Und wieder geht es um eine Studie und wieder um Rechenfehler, die im vorliegenden Fall aber ganz handfeste Auswirkungen haben in Form von so einigen tausend Euro.

Aufgedeckt hat das Handelsblatt Online und den Sachverhalt kann man diesem Beitrag entnehmen: Schäuble fällt auf falsche Riester-Bilanz herein.

Das Bundesfinanzministerium hatte im vergangenen Jahr eine Studie beim Berliner Institut für Transparenz (ITA), einem Schwesterunternehmen des Versicherungsanalysten Morgen & Morgen, in Auftrag gegeben. Die Experten sollten ausloten, ob und wie stark der Gesetzgeber die Kosten für die Riester-Produkte begrenzen muss, damit für die Sparer am Ende noch genug übrig bleibt. Hintergrund des Erkenntnisinteresses: Auch das Ministerium hat feststellen müssen, dass das staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukt immer mehr an Beliebtheit verliert. Auch in Berlin ist angekommen: Die Riester-Rente hat ein massives Akzeptanzproblem. Um zu wissen, wie man gegensteuern könne, gab das Finanzministerium die Studie in Auftrag. Verständlich, denn der Staat versenkt ja eine nicht unerhebliche Summe Geld mit der Förderung der Riester-Produkte.
»Das Ergebnis lag Mitte Juli vor und wurde vom Institut unter den Augen des Finanzministeriums veröffentlicht. Was vor zwei Wochen niemandem auffiel war allerdings, dass die Berechnungen peinliche Fehler enthielten«, berichtet Handelsblatt Online, sozusagen aus erster Hand, denn sie selbst haben den Fehler entdeckt und in die Öffentlichkeit getragen - mit der Folge, dass die Studie gestern zurückgezogen wurde. Seither werden neue Zahlen präsentiert.
Was genau ist passiert?

»In den Tabellen zu den Kosteneffekten hat das ITA ausgerechnet beim Vorzeigeprodukt Riester-Rentenversicherung die Ausgangsrenditen zu positiv dargestellt. Damit ergaben sich am Ende auch gute Renditen nach Kosten.«

Konkret: In der Studie wurden die jährlichen Erträge des Altersvorsorgeprodukts nach Kosten mit 3,6 Prozent und mehr beziffert. Das hört sich lukrativ an.
Aber auf der Basis der neuen Daten, nachdem aufgefallen war, dass die Ausgangsrenditen zu hoch angesetzt sind in der ITA-Studie (Zitat Simone Tutone, Projektleiterin beim ITA: „Es hat sich leider herausgestellt, dass uns beim Einfügen der Ergebnisse aus unseren Berechnungstabellen in das Studiendokument bei den klassischen Rentenversicherungen ein Fehler unterlaufen ist“) kommt man zu deutlich niedrigeren Renditen:

»Die Unterschiede in den Renditen nach Kosten, die bis zu 1,8 Prozentpunkte ausmachen, würden sich über die Jahre auf einige tausend Euro summieren«, so das Handelsblatt.

Was das bedeutet wird an einem Rechenbeispiel illustriert:

»Ein Kunde, der über 30 Jahre monatlich 100 Euro einbezahlt, bekommt bei einer Rendite von jährlich 3,6 Prozent – diesen Wert unterstellt die Studie für entsprechende Riester-Rentenversicherungen – rund 28.200 Euro reinen Zinsertrag. Richtig wären aber – wie jetzt herauskam – 2,86 Prozent gewesen. Dadurch würde sich der Zinsertrag des Sparers um ziemlich genau 10.000 Euro verringern. Statt 28.000 Euro Zinsertrag blieben nur rund rund 18.000 Euro und die Erkenntnis, dass sich Riester womöglich doch nicht lohnt.«

Nun ist der Schaden in der Welt und das Ministerium auf der Flucht:

»Ein Sprecher legt Wert darauf, dass das Gutachten zwar in Auftrag gegeben worden sei, aber die Experten völlig unabhängig gerechnet haben.«

Aber seien wir ehrlich: Ein Gutes hat die Angelegenheit schon - wieder einmal gibt es einen Grund, darauf hinzuweisen, dass der echte Riester schon in Rente ist und dass man sich eine endgültige Stilllegung auch für die Riester-Rente gut vorstellen kann.